In meinem Nachdenken über das Verhältnis von Anarchismus, Widerständigkeit, Theorie und Wissenschaft habe ich geäußert, dass es verschiedene Ebenen und Felder gibt, in denen anarchistische Theorie entsteht. So können Erkenntnisse aus akademischer Forschung Werkzeug für Aktive in der anarchistischen Szene liefern, ebenso, wie Entwicklungen in sozialen Bewegungen und ihren Kämpfen Theoretiker*innen inspirieren und ihre Theorie besser machen können. Ohnehin sollten wir derartige Trennungen nur schematisch ziehen. Letztendlich gilt es darauf zu schauen, wo die jeweiligen Personen stehen, welche Anliegen sie verfolgen, welche Mittel sie wählen und an welchen Schnittstellen sie stehen, um beurteilen zu können, ob ihr Handeln anarchistischen Ansprüchen entspricht.

Ich nichts dagegen habe, wenn anarchistische Themen und Perspektiven auch im akademischen Rahmen mehr diskutiert und verbreitet werden. Dies führt meiner Ansicht nach auch keineswegs zu einer „Akademisierung“ des Anarchismus insgesamt, die allerdings auch problematische Seiten hat. Sich theoretischem (und auch strategischem) Denken zu verweigern ist aber eben auch nicht die Lösung. In jedem Fall braucht es eine autonome Theorieentwicklung. Und dies ist leichter gesagt als getan, sind die Ansätze für eine selbstbestimmte Beschäftigung mit Theorie doch in den letzten Jahren zurückgegangen. Zumindest, als kollektive und selbstorganisierte Praxis.
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