Diese Gedanken sind leider eher traurig. In einem Gespräch mit einem Freund, merkte ich erneut, wie bei ihm jede Hoffnung auf größere gesellschaftliche Veränderungen versiegt ist. Tatsächlich war und ist er sehr engagiert – weniger in organisierten Gruppen, eher lebenspraktisch bezogen. Eine Person mit vielen Fähigkeiten und dem Herz am richtigen Fleck, wie man so sagt. Jemand, der viel kann und viel wollte. Dann hat er aber miterlebt, wie jahrelange, intensive Bemühungen einfach platt gemacht wurden. Die Entscheidung fiel bewusst darauf mit völlig legalen Mitteln und Öffentlichkeitsarbeit einen Freiraum in einer mittleren Stadt.
ls er endlich aufgebaut wurde, bestand er aber lediglich ein Jahr, bevor er von den Stadtbehörden völlig unnötigerweise illegalisiert wurde. Bauland für Unternehmen oder Luxuswohnungen rauszuhauen, ist den selben Behörden aber kein Problem. Mit institutionalisierter Dummheit, nein, mit institutionalisierter Herrschaft haben wir es hier zu tun. Denn unsere Interessen gelten nichts – wenn nicht nach viel Überzeugungsarbeit gesehen wird, dass sie sich irgendwie kapitalistisch verwerten lassen. Und eine solche Argumentation wäre nun freilich wirklich unsinnig, will man mit der kleinen Insel im Chaos der Vernichtung, doch etwas anderes schaffen; einen Unterschied machen.
Und als ich darüber nachdachte wurde mir klar: Unsere Hoffnungen, auf Veränderungen werden systematisch von der herrschenden Ordnung zerstört. Wer an den eigenen Werten festhält, schafft es noch, diese in pragmatische Politik, vielleicht ins direkte Engagement für Schwächere oder die individuelle Ermächtigung zu retten und sich die Ressourcen und Kontakte zu klären, um ein alternatives Leben führen zu können.
Aber eine Orientierung auf die Veränderung des Großenganzen, die ist dahin. Zermalmt mit der eigenen Erfahrungen der Zerstörung konkreter Utopien, welche wir aufgebaut hatten. Dass sie sich selbst in Widersprüchen bewegen, es unheimlich anstrengend ist, sie aufzubauen und wir uns im antiautoritären Rahmen auch mit den Problemen und schwierigen Charakteren von speziellen Personen auseinandersetzen müssen (anstatt dies zu Gunsten der Sache oder aufgrund einer klaren Führung wegzudrücken), sei dabei dahingestellt. Die schlechten Rahmenbedingungen und die Macht der Gegner überwiegen das.
Wenn Hoffnungslosigkeit schon in unseren Szenen so systematisch produziert wird – wie geschieht das dann erst bei Menschen, deren Träume noch viel geringer und konformer sind? Können sie diese erfüllen? Oftmals wohl ebenso wenig. Lernen sollen sie vielmehr, sich mit den vorgezeichneten Möglichkeiten zu begnügen und ihre eigenen Wünsche, ihr Begehren zu unterdrücken und zu vergessen. Wenn ich nicht schreiben würde, könnte ich sie mir ebenfalls nicht bewahren…
Wie lässt sich also neue Hoffnung schöpfen? Wie können die besonderen Einzelnen erfahren, dass sie selbstwirksam werden können in Bezug auf die Veränderung der Gesellschaftsordnung insgesamt? Der Wege gibt es dazu viele. Wir können sie nur in Konfrontation mit einer Herrschaftsordnung beschreiten, die systematisch darauf ausgerichtet ist, unsere Träume zu vernichten. Und deswegen greifen wir ihre reale Dystopie des ökozidalen, rassistischen und patriarchalen kapitalistischen Staates an.