Leider war’s alles zu viel in letzter Zeit. Vermutlich kennen viele diese Gefühl, im Scheitern der eigenen Bestrebungen, ob in der Liebe, im Alltag, dem Tätigkeitsein, der Selbstverwirklichung, im Leben. Dann wird alles anstrengend. Zu anstrengend. Ein weiterer loster Mensch sucht irgendwie nach Bestätigung und Aufmerksamkeit – und rafft doch immer noch nicht, dass ich nie verstanden habe, warum ich Personen einfach nur in ihrer Existenz bestätigen soll. Das müssen sie schon selbst hinbekommen, auch wenn ich mich häufig ebenfalls in diese erbärmliche Bittstellung begeben habe.

Schon zu lange funktionieren die Dinge nicht mehr; Begreife ich meine Lebenssituation nicht, und auch nicht, wie ich in sie gelangt bin. Sich daraus befreien zu können, war früher schwer, weil man sich selbst nicht genug kannte. Heute ist es schwer, weil man sich selbst genug kennt – und daran resigniert. Wenn die Kraft zum rebellieren fehlt, bleibt die Einkehr. Neue Kräfte werden wachsen. Ich freue mich, wenn sie wieder in die Rebellion gegen eine schlichtweg wahnsinnige Herrschaftsordnung münden, welche die Würde des Menschen täglich missachtet und die Lebensgrundlagen der biologischen Existenzen auf diesem Planeten täglich weiter vernichtet. Ich sehne mich nach dem großen Kladderadatsch. Doch weiß ich, das es sich um eine Projektion handelt. Die soziale Revolution ist Alltagssache. Und kann nur so emanzipierend wirken, wie wir uns im Hier und Jetzt organisieren und handeln.
Persönliches ist mit Gesellschaftlichem verknüpft. So war es schon immer für mich. Ich nehme die Dinge persönlich, weil ich eine mich verbunden empfindende, holistisch denkende Person bin. Ich weiß nicht, zu welchem Grad dies meiner eigenen Seinsbedingung geschuldet ist. Aber darin bin ich nicht determiniert, sondern entscheide mich monatlich auf’s Neue, in die Auseinandersetzung mit dieser Welt zu gehen. Es könnte leichter sein, es könnte schwerer sein. Es ist leichter, es ist schwerer – für andere Menschen.
Für diese Phase gilt es also die eigene Situation und Bedingtheit anzunehmen. Grenzen sind zum Überwinden da. Aber erst wer an die angenommene Grenze gelangt, sieht, dass sie nicht dort verläuft, wo er sie vermutet hat. Das gilt in beide Richtungen: Wir können mehr erreichen und viel weiter hinausgehen, als wir oft meinen; wir sind begrenzter und gefangener in unserem Tun, als wir uns selbst eingestehen möchten. Umgekehrt spüre ich sehr deutlich: Wenn ich mich in die Ruhe begebe, schlummert da so viel Kraft und Tatendrang. Irgendwo dahinten auch die pure Lust. Statt das Leben zu verachten, will ich es weiter bewahren.
Das bedeutet gegen eine Herrschaftsordnung zu kämpfen, in welcher der erste Teil des Bürgertums reaktionär wird. Der zweite Teil suhlt sich in der eigenen Dekadenz. Während der dritte Teil an der nächsten Herrschaft mit grünem Anstrich, demokratischer Konfliktvermittlung und „feministischer Außenpolitik“ baut. Es ekelt mich, mit solchen Leuten zu tun zu haben, deren Habitus jeweils auch auf die Szene-Kreise um mich herum ausstrahlt. Statt sie widerzuspiegeln und reflexhaft darauf zu reagieren, müssen wir dem ein Selbstbewusstsein entgegensetzen. Und dieses erwächst auch einer Gegenkultur, die sich nicht in Feiern, Musikstilen, Drogen oder dem Sprachgebrauch erschöpft, sondern das eigene Leben in einen umfassenden, erschreckenden aber heilsamen, Veränderungsprozess saugt.