poetische Urlaubsergüsse #2

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Siehe meines vorherigen Kommentars zum Urlaub. Einige Gedankensplitter. Wie unschwer zu erkennen, wälze ich mich darin mit einer anderen einem Thema herum, was mich aktuell wieder stärker beschäftigt.

Von den Glücksritter*innen

Sie suchen und laufen und schmachten

nach den schönen Momenten,

nach dem vollen Erleben, den prallen Kostbarkeiten

und im Erzählen darüber

arbeiten sie an der Vervollkommnung des Genusses

Doch die Reise muss für sie immer weiter gehen

– „weil es so schön ist“ –

bleiben sie rastlos und können

nie zur Ruhe kommen

und sich nicht binden

denn es könnte ja immer noch schöner sein

und die Glücksmomente

sind so rar und flüchtig

– Wer ihnen nicht hinterher reitet

auf den verschiedenen Rössern, die man sich wählen kann

– so meinen sie –

wird sie missen und das Leben verpassen

Aber Glück – wenn man es erhascht –

zerrinnt in den Fingern

wie der feinste Sand

Doch bisweilen erscheint es

als unerwartetes – Geschenk

Nehmen und Geben

ich möchte das nehmen besser lernen

ja, ich fordere und frage dreist

als sei‘s eine selbstverständlichkeit

bei den leuten, dneen ich vertraue,

weil ich sie kenne

aber seltenst bei denen, die ich nicht kenne

die mich öfters aber interessieren

– doch das ist,

weil ich schlecht im nehmen bin

und angst habe,

jemandem etwas wegzunehmen

doch auch das geben

möchte ich gern weiter lernen

denn ich gebe unheimlich gerne

jedoch auf so abstrahierte weise,

dass es meine nächste viel weniger erreicht

als ich mir und ihnen wünsche

denn ich habe sie oft so lieb

gier

diese gier!

Als ich berauscht war am meer

spürte ich sie wieder ganz deutlich:

diese gier, dieses verlangen

und war der ansicht, dies läge an der droge

dass ich durch sie

verschlingen und umfließen

und nehmen und doch genießen will

Dann aber merkte ich,

dass der rausch mein Verlangen zwar verstärkte

damit aber nur weckte,

was mächtig in mir schlummerte,

was ich im alltag der oft selbst auferlegten pflichten,

ordnungen und programme

oft beiseite schiebe und verdränge

in mir ist dieses übergroße Verlangen,

diese starke Sehnsucht,

nach vielem, nach starkem, nach dem puren Leben,

nach dem Selbstgenuss

kaum traue ich mich, es zuzulassen,

sie auf mich einströmen zu lassen,

mich ihm hinzugeben,

sie mich leiten zu lassen,

weil ich fürchte,

dass es zu viel und zu stark sei

– unangemessen –

als das ich oder ein anderer ihm gewachsen wäre

oder es bewerten und beurteilen und nicht

gelten lassen würde

also ziehe ich mich beschämt zurück

und bremse mich, begnüge mich

als stünde es mir nicht zu,

mich beschenken zu lassen

und bestimmt und behutsam

danach zu fragen,

wonach es mich verlangt

Die Zu-kurz-Gekommenen

Du nimmst dir / was du willst

meinst, es stünde dir zu

dein Wille soll geschehen

und niemand dich einschränken

in deinem Wollen und Drängen

Wenn ich dich frage,

ob du das wirklichst brauchst

warum du meinst, es stünde dir zu

und darauf hinweise,

dass dein Handeln Folgen hat,

die du nicht leugnen kannst

reagierst du aggressiv und vehement

du rechtfertigst dich:

sonst lebtest du ja nicht zerstörerisch

du argumentierst, dein Leben wäre

ja schon der Sache gewidmet,

die dich aufzehrt, deswegen dürftest du wohl

du zeigst auf die anderen

welche sich ständig ohne bedenken nehmen würden

du weist die Verantwortung von dir:

immerhin seist du ja auch durch diese

Konsum- und Erlebnisgesellschaft geprägt

du relativierst, denn verglichen mit dies und dem

sei es doch nicht so schlimm

Und du projizierst in allen punkten:

Ich sei ja derjenige, welche konformistisch

der Herrschaftsideologie folgen würde;

der sich selbst beschränken und ducken würde,

weil es unfähig wäre, seine Bedürfnisse wahrzunehmen

und ihnen nachzugehen;

der zu feige wäre, sich zu nehmen,

was ihm zustehe, weil er zu lethargisch wäre,

seinen Wünschen nachzugehen;

im grunde genommen derart unfähig zum Genuss,

dass dies sich zur Willenlosigkeit

ausgeweitet hätte

Daher spräche ich moralistisch,

würde mich mit erhobenen zeigefinger

über andere erheben

und ihnen das Wollen, Nehmen und Genießen verderben,

aus Neid und Rache im grunde genommen.

Doch all dies habe ich nicht gesagt und gemeint

Aus dir sprach vielmehr ein tief wurzelndes Abwehrprogramm

Nicht als Person habe ich dich kritisiert,

noch direkt dein Verhalten,

sondern deine Haltung zu den Dingen hinterfragt

deine Bedürfnisstrukturen – in dieser Gesellschaft geprägt –

als auch dein Wünschen, Wollen und Nehmen

– kann ich daher nicht einfach gut heißen

Dass du meinst, du wärst zu kurz gekommen

ist eine verdammt privilegierte Einstellung!

Demut

am strand sagte er plötzlich:

ich zeig dir jetzt mal Demut

breitete sorgfältig sein handtuch aus

und begab sich in eine gebetsartige stellung

ganz ähnlich der muslime

in richtung der schieren weite und größe

des überwältigenden meeres

und ich sagte zu ihm:

das ist gut

aber berühre doch einmal das meer!

woraufhin er los lief

geschwind durch den sand rannte

und als er es erreichte

schließlich nur ganz kurz die hand

zu den wellen ausstreckte

als er zurück kam, fragte ich:

hast du das meer berührt?

Und er sagte: das meer hat mich berührt

da dachte ich: mit dem meer geht es uns beiden,

wie mit den menschen, die wir begehren