Siehe meines vorherigen Kommentars zum Urlaub. Einige Gedankensplitter. Wie unschwer zu erkennen, wälze ich mich darin mit einer anderen einem Thema herum, was mich aktuell wieder stärker beschäftigt.

Von den Glücksritter*innen
Sie suchen und laufen und schmachten
nach den schönen Momenten,
nach dem vollen Erleben, den prallen Kostbarkeiten
und im Erzählen darüber
arbeiten sie an der Vervollkommnung des Genusses
Doch die Reise muss für sie immer weiter gehen
– „weil es so schön ist“ –
bleiben sie rastlos und können
nie zur Ruhe kommen
und sich nicht binden
denn es könnte ja immer noch schöner sein
und die Glücksmomente
sind so rar und flüchtig
– Wer ihnen nicht hinterher reitet
auf den verschiedenen Rössern, die man sich wählen kann
– so meinen sie –
wird sie missen und das Leben verpassen
Aber Glück – wenn man es erhascht –
zerrinnt in den Fingern
wie der feinste Sand
Doch bisweilen erscheint es
als unerwartetes – Geschenk
Nehmen und Geben
ich möchte das nehmen besser lernen
ja, ich fordere und frage dreist
als sei‘s eine selbstverständlichkeit
bei den leuten, dneen ich vertraue,
weil ich sie kenne
aber seltenst bei denen, die ich nicht kenne
die mich öfters aber interessieren
– doch das ist,
weil ich schlecht im nehmen bin
und angst habe,
jemandem etwas wegzunehmen
doch auch das geben
möchte ich gern weiter lernen
denn ich gebe unheimlich gerne
jedoch auf so abstrahierte weise,
dass es meine nächste viel weniger erreicht
als ich mir und ihnen wünsche
denn ich habe sie oft so lieb
gier
diese gier!
Als ich berauscht war am meer
spürte ich sie wieder ganz deutlich:
diese gier, dieses verlangen
und war der ansicht, dies läge an der droge
dass ich durch sie
verschlingen und umfließen
und nehmen und doch genießen will
Dann aber merkte ich,
dass der rausch mein Verlangen zwar verstärkte
damit aber nur weckte,
was mächtig in mir schlummerte,
was ich im alltag der oft selbst auferlegten pflichten,
ordnungen und programme
oft beiseite schiebe und verdränge
in mir ist dieses übergroße Verlangen,
diese starke Sehnsucht,
nach vielem, nach starkem, nach dem puren Leben,
nach dem Selbstgenuss
kaum traue ich mich, es zuzulassen,
sie auf mich einströmen zu lassen,
mich ihm hinzugeben,
sie mich leiten zu lassen,
weil ich fürchte,
dass es zu viel und zu stark sei
– unangemessen –
als das ich oder ein anderer ihm gewachsen wäre
oder es bewerten und beurteilen und nicht
gelten lassen würde
also ziehe ich mich beschämt zurück
und bremse mich, begnüge mich
als stünde es mir nicht zu,
mich beschenken zu lassen
und bestimmt und behutsam
danach zu fragen,
wonach es mich verlangt
Die Zu-kurz-Gekommenen
Du nimmst dir / was du willst
meinst, es stünde dir zu
dein Wille soll geschehen
und niemand dich einschränken
in deinem Wollen und Drängen
Wenn ich dich frage,
ob du das wirklichst brauchst
warum du meinst, es stünde dir zu
und darauf hinweise,
dass dein Handeln Folgen hat,
die du nicht leugnen kannst
reagierst du aggressiv und vehement
du rechtfertigst dich:
sonst lebtest du ja nicht zerstörerisch
du argumentierst, dein Leben wäre
ja schon der Sache gewidmet,
die dich aufzehrt, deswegen dürftest du wohl
du zeigst auf die anderen
welche sich ständig ohne bedenken nehmen würden
du weist die Verantwortung von dir:
immerhin seist du ja auch durch diese
Konsum- und Erlebnisgesellschaft geprägt
du relativierst, denn verglichen mit dies und dem
sei es doch nicht so schlimm
Und du projizierst in allen punkten:
Ich sei ja derjenige, welche konformistisch
der Herrschaftsideologie folgen würde;
der sich selbst beschränken und ducken würde,
weil es unfähig wäre, seine Bedürfnisse wahrzunehmen
und ihnen nachzugehen;
der zu feige wäre, sich zu nehmen,
was ihm zustehe, weil er zu lethargisch wäre,
seinen Wünschen nachzugehen;
im grunde genommen derart unfähig zum Genuss,
dass dies sich zur Willenlosigkeit
ausgeweitet hätte
Daher spräche ich moralistisch,
würde mich mit erhobenen zeigefinger
über andere erheben
und ihnen das Wollen, Nehmen und Genießen verderben,
aus Neid und Rache im grunde genommen.
Doch all dies habe ich nicht gesagt und gemeint
Aus dir sprach vielmehr ein tief wurzelndes Abwehrprogramm
Nicht als Person habe ich dich kritisiert,
noch direkt dein Verhalten,
sondern deine Haltung zu den Dingen hinterfragt
deine Bedürfnisstrukturen – in dieser Gesellschaft geprägt –
als auch dein Wünschen, Wollen und Nehmen
– kann ich daher nicht einfach gut heißen
Dass du meinst, du wärst zu kurz gekommen
ist eine verdammt privilegierte Einstellung!
Demut
am strand sagte er plötzlich:
ich zeig dir jetzt mal Demut
breitete sorgfältig sein handtuch aus
und begab sich in eine gebetsartige stellung
ganz ähnlich der muslime
in richtung der schieren weite und größe
des überwältigenden meeres
und ich sagte zu ihm:
das ist gut
aber berühre doch einmal das meer!
woraufhin er los lief
geschwind durch den sand rannte
und als er es erreichte
schließlich nur ganz kurz die hand
zu den wellen ausstreckte
als er zurück kam, fragte ich:
hast du das meer berührt?
Und er sagte: das meer hat mich berührt
da dachte ich: mit dem meer geht es uns beiden,
wie mit den menschen, die wir begehren