Kommt ein Schwurbel vorbei…

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Ich erhielt Post von einer Person, die mir ohne den Versuch einer vorherigen Kontaktaufnahme ein Buch empfohlen hat. Möglicherweise sollte das Anliegen sein, dass ich es rezensiere. Aber ich weiß es nicht. Denn Franz und/oder Sylvan haben sich dazu nicht geäußert. (Ob einer der Namen ein Pseudonym ist, die beiden ein Paar sind oder Brüder kann ich nicht zuordnen, jedenfalls verwenden sie den gleichen Nachnamen.) Also weise ich nett wie ich bin, darauf hin, dass der Autor im Selbstverlag sein Buch „Ausgesetzt zur Existenz. Warum der Mensch ein Schicksal ist – vom Ausgang aus der unverschuldeten Absurdität“ herausgebracht hat.

Bereits im Titel deutet sich an, dass jemand – möglicherweise katalysiert durch die Umstände der Pandemie – sich auf eine Sinnsuche begibt, welche offenbar auch eine ganz persönliche ist. An sich ist es schön, wenn Menschen auch außerhalb reglementierter Bahnen denken – sowohl institutionell gesehen, als auch von den Strukturen her. Machen wir uns nichts vor: Auch der Anarchismus steht im Konflikt mit herkömmlichen Wissens- und Denkformen und muss das zumindest, dort, wo diese herrschende sind. Gleichzeitig bin ich ratlos, warum umgekehrt Leute in den absurden Schluss verfallen, nur weil sie irgendwelche wirren Gedankengänge entwickeln, mit welchen sie von ihren Zeitgenoss*innen belächelt werden, könnten sie unter Anarchist*innen auf Zustimmung treffen. Leider muss ich Franz-Sylvan da stark enttäuschen: Sie tun es nicht.

Der Autor sieht irgendwelche Mächte auf sich einwirken und damit wird verständlich, dass er sich damit ganz unbehaglich fühlt. Offenbar handelt es sich nicht nur um gute, nein vor allem um böse Mächte im Hintergrund. Dagegen will der durch „Reflexion“ die „Abstraktion“ in der Welt verwirklichen. Nun gut, denke ich mir, so viel Vertrauen in die eigene Selbstwirksamkeit ist vielleicht etwas übertrieben, aber offenbar Ausdruck einer äußerst bedrückenden Ohnmachtserfahrung in einer komplizierten und gewaltvollen Gesellschaftsform.

Als Psychopathen hat der Autor allerdings „die Herrschenden“ ausgemacht. Sicherlich sind die Angehörigen herrschender Klassen oftmals Arschlöcher. Entweder werden sie zu Arschlöchern, weil, sie nach unten treten, um sich hochzukrallen. Oder sie sind reich und mächtig geboren und müssen das wiederum rechtfertigen und überkompensieren, indem sie sich arschlochmäßig verhalten. Letztendlich ist es aber völlig egal, ob sie Arschlöcher sind oder nicht. Ich würde auch die freundlichsten Kapitalist*innen enteignen, wenn mir das möglich wäre.

Ebenfalls weiß der Autor zu berichten, dass die Angehörigen der Elite (wobei er keineswegs spezifiziert, was er damit meint, wen überrascht es…) an eine apokalyptische Weltverwörungstheorie glauben, um ihren okkulten Praktiken nachgehen zu können. Die Erklärung dafür ist vermutlich sehr einfach: Den reichen Übermächtigen wird schlichtweg langweilig bei ihrer ganzen Machtausübung und Herrscherei. Da wollen sie schon mal ein paar Kinder braten oder sonstwie Schindluder treiben, diese bösen Bösen. Wem soll das bitteschön alles nutzen, fragt sich auch Franz-Sylvan und verwendet dazu sogar wiederholt Latein: CUI BONO? (Da hat jemand aber dem Hitler, äh Höcke, gut auf’s Maul geschaut!) Unser „aller Schicksal“ läge in den Händen solcher „Dunkelmänner“, so der Autor. Sag es doch gleich Franz-Sylvan, dass du ein dreckiges Antisemiten-Schwein bist! – Ein fulminantes Ende also, herzlichen Glückwunsch.

Danke daher für diesen grandiosen Hinweis unter der Überschrift „Vom Außersich-Sein des Nebenstehenden“. Klar begrüße ich sehr, wenn Leute sich ihre eigenen Gedanken machen, mal einen Schritt zurücktreten, mal die Perspektive wechseln. Ich weiß, es gibt dafür keine einfachen Lösungen. Aber wenn ich so außer-mir bin und neben-mir stehe, versuche ich dem entgegenzuwirken. Beispielsweise durch Gespräche, Rückmeldungen, Musik oder auch nur einem ausgedehnten Spaziergang. Bitte Franz-Sylvan suche dir Hilfe! Das ist deine Verantwortung. Mehr kann ich von hier aus am anderen Ende des Internets nicht tun. Und bitte schreib mir nicht wieder. Unsere Energiewellen sind nicht so wirklich auf einer Länge, verstehst du?!