
Vor einer Weile erhielt ich einen wütenden Text, welcher sich gegen mich richtete und mit welchem ich vermeintlich polemisch angegriffen wurde. Da diese Diffamierung gegen mich vermutlich ohnehin irgendwo in Textform zirkulieren wird, habe ich mich entschieden, ihr zumindest an dieser Stelle entgegenzutreten. Da meine Antwort leider wieder mal sehr lang ausgefallen ist, werde ich diese ungefähr wöchentlich nach und nach in sieben Teilen veröffentlichen [#1]. Meine Kritik geht dabei über den Ursprungstext Ein Psychogramm des post-bürgerlichen Individuums und seiner alter egos weit hinaus, um auf dahinter liegende Themen zu sprechen zu kommen.
Ansonsten ist mir schon klar, dass derartige Auseinandersetzungen letztendlich nur eine handvoll Personen interessieren. Die Zeit und Nerven wären bei vielen Tätigkeiten weit sinnvoller eingesetzt. Insofern sind meine Entgegnungen als unabgeschlossene Selbstreflexionen zu verstehen, nach denen ich mich wieder Wichtigerem zuwende. Auf Vorschlag meines Kontrahenten nenne ich diesen „Frankensteins Monster“, kurz „Framo“.
Ein wutschäumendes Mimimi erhebt sich, als der „Doktor der Anarchie“ offenlegt, wofür er sich einsetzt, wofür er steht. Ein Mensch spricht über seine Sichtweise, seinen Weg, seine Einstellungen – und macht sich damit bewusst angreifbar. Frankensteins Monster weint. Es wollte selbst das Opfer sein, um seine Täterschaft zu legitimieren. Framo ist gekränkt. Es mag nicht, wenn andere, zum Beispiel Akademacker, sich zum Anarchismus äußern. Denn es hat selbst was zu sagen. Und was es selbst sagt ist wichtig. Es hat seine Berechtigung. Und Framo kann sich nichts anderes darunter vorstellen, als das es Recht und die Wahrheit gepachtet hat.
Natürlich ist es traurig, aber Framo braucht diese Identifikation, um seine eigene Daseinsberechtigung zu legitimieren. Es braucht dieses Selbstbild, um überhaupt ein Bild von sich zu haben. Framo will fühlen, will empfinden – ahmt Gefühle aber nur nach. Es will denken, will in eine theoretische Debatte einsteigen – kann Denken aber nur simulieren. Und ja, seine Simulation ist über die Jahre gut geworden. Seine Reflexe erscheinen als beeindruckende Positionierungen. Und dennoch: Alles in allem bleiben sie fake; sie bleiben unwirklich. Kaum docken sie an der Lebenswirklichkeit realer Menschen an, geschweige denn werden mit ihnen gesellschaftliche Bedingungen begriffen.
Da sind Gefühle… der Ausgestoßenheit, der Entfremdung. Doch ihre Herkunft werden nicht begriffen, weswegen sie als unmittelbar und als an sich wahr gelten. Da sind Gedanken – doch ihre Entstehung kann ebenso wenig verortet werden, weil sie Framo eine systematische Beschäftigung mit ihnen ablehnt. Sie würden seiner Spontaneität, seinem Geltungsbedürfnis, seiner Identifizierung widersprechen; diese gar in Frage stellen. Fragen scheint sich Framo viele zu stellen. Wie ich finanziert werde, wer hinter meinen Aktivitäten steckt, welche Ziele ich verfolge und so weiter.
Doch eine Auseinandersetzung, einen echten Kontakt mit mir zu suchen, scheint es sich nicht zu trauen. Zu sehr ist es verängstigt, sich gegebenenfalls mit seinen eigenen Widersprüchen auseinandersetzen zu müssen. Denn seine dogmatischen Positionen, seine fundamentalistische Denkweise dienen ja im Wesentlichen ihrer Verschleierung, die notwendig zu sein scheint, um die Komplexität der Welt zu verleugnen. Dieses inzestiöses Gedankenkreisen widert mich ehrlich gesagt ziemlich an. Wer an einer ehrlichen Auseinandersetzung interessiert ist, kann es mich wissen lassen. Ich möchte mich gern mit Menschen austauschen, ihre Sichtweisen kennenlernen und miteinander wachsen, weil ich davon ausgehe, dass wir gemeinsame Ziele teilen. Ansonsten sollte Framo wissen, dass Anarchist*innen, die es mit derartigen Verleumdungen überzieht, sich nur polemisch dazu äußern können.