Wie Nika Dubrovsky, seine Lebenspartnerin, mitteilte, starb David Graeber gestern in Venedig im Alter von 59 Jahren. Mit seinen Fragments of an anarchist Anthropology (anarchist library), Büchern wie Schulden. Die ersten 5000 Jahre , Bürokratie. Die Utopie der Regeln oder Bullshit Jobs. Vom wahren Sinn der Arbeit (Zeit-Interview, D-Funk) prägte Graeber die öffentliche politische Debatte und war ein Stichwortgeber für innovative Ideen. Darüber hinaus war er maßgeblich an den Occupy Protesten und ihrer Popularisierung beteiligt. Mit seinem anthropologischen Ansatz stellte er sich meiner Ansicht nach ganz in die Tradition Peter Kropotkins. Ich selbst sah Graeber noch vor Silvester beim CCC-Kongress in Leipzig und wir unterhielten uns kurz. Aus meiner Beschäftigung mit seiner Theorie ging 2014 die Arbeit Immer (nur) neue soziale Bewegungen oder Senfkorn-Revolution?. Der Revolutionsbegriff David Graebers hervor. Neben seinen Argumenten war es sein undogmatischer Schreibstil, der mich inspirierte und den ich locker und bisweilen auch erheiternd fand.
In seiner Rolle als populärer Wissenschaftler und bekennender Anarchist erhielt Graeber viel Kritik – nicht nur von neoliberalen Mainstream-Ideologien, sondern ebenso von Leuten aus der anarchistischen Szene. Auf dem talk, den er in Leipzig gehalten hatte, war ich ebenfalls der Ansicht hier eine sehr reformerische Position wahrzunehmen, die auch von einem früheren Biss abweicht… Zweifellos trug er jedoch wie kaum eine andere Person im bisherigen 21. Jahrhundert zur Popularisierung anarchistischen Denkens und seiner theoretischen Unterfütterung bei. Rest in Power, David!