Manchmal frage ich mich, was ich die letzten fünf Jahre so getan habe. Jemand meinte, Vergesslichkeit sei doch nicht verkehrt, sondern im Grunde genommen Indikator dafür, dass ich viel erleben würde. Aber es gibt auch Dinge, die ich vergessen möchte und bei denen es mir nicht gelingt. Jedes Gehirn ist eben einzigartig.
Dieses Gehirn hatte es vor einigen Jahren für eine gut Idee gehalten, sich auf ein Stipendium zu bewerben und dann eine Doktorarbeit zur politischen Theorie des Anarchismus zu verfassen. Da der Mensch das Stipendium wider Erwarten tatsächlich erhielt, machte er sich dann auch an die Arbeit. Herausgekommen sind diese 418 Seiten Text, der heute abschließend geprüft wird.

Am Ende wurde damit ein C-Klasse Wissenschaftler produziert, dessen Können sicherlich nicht in stringenter Arbeitsweise und logischer Argumentation besteht. Gewürdigt wird seine Originalität und vielleicht auch sein Mut, für ein marginalisiertes Thema einzustehen. Letzteres fällt ihm dann wiederum auf die Füße, weil er sich Milieu-mäßig dem akademischen Laden nicht zugehörig fühlt. Wo er aber sonst hingehört, weiß er auch nicht.
Es rauszufinden, hat er auch aufgeschoben in der Zeit, die er in dieses DING steckte. Ich nenne das Verfahren „Abstieg durch Bildung“. Letztendlich werde ich mich weiter umschauen nach den wenigen Personen, welche eine Vorstellung davon haben, was es bedeutet so ein Vorhaben durchzuziehen und damit einsam zu werden. Heute ist ein kurzer Tag für einen kleinen Menschen, der die schlechte Angewohnheit hat, sich permanent niedriger zu machen, als er ist und sich dann trotzdem gekränkt zu fühlen, weil er nicht mehr Anerkennung erhält. Bedauerlicherweise befindet er auch damit wieder mal sehr im Durchschnitt unter Anarchist*innen.
Es bleibt bei einem langweiligen Mittelmaß. Dabei bin ich schon viel zu lange mit Euch mitgegangen. Es wird Zeit umzukehren. Schluss mit dem Schulterklopfen! Ich will mich erheben – über das Denksystem Wissenschaft, über den akademischen Betrieb Universität, über die ewige Unentschiedenheit, schwierige Vergangenheiten und die eigene Kleingläubigkeit. Viel wichtiger ist, wie ich die größtenteils autodidaktisch erworbenen Fähigkeiten im begrenzten Rahmen, den ich als einzelner Mensch habe zur Veränderung der Welt einsetzen kann.
Dazu braucht es unter anderem auch Perspektivwechsel. Und dies irritiert die Wissenschaftler*innen, verrückt aber auch die Genoss*innen. Was will der Mensch uns sagen mit seiner Paradoxien-Reiterei?! Aber da ich häufig schon zu viel rede, also zu viel darüber rede, was mich persönlich bewegt, offenbar, enthalte ich dies ausnahmsweise an dieser Stelle mal vor. Wen es ernsthaft interessiert, muss sich schon die Mühe machen, zuzuhören, zu lesen und selbst zu denken. Leicht konsumierbar sind meine Erzeugnisse nicht, das gebe ich gerne zu. Aber keine Sorge, ich werde auch in Zukunft bei Gelegenheit weiter erklären, was ich meine 😉 In diesem Sinne: Mit Feuer&Flamme zur Disputation!
Das Faß, ob es überhaupt möglich und sinnvoll ist, anarchistische Theorie in das Korsett einer Doktorarbeit zu pressen, möchte ich an dieser Stelle nicht aufmachen. Ich verrate nur so viel, dass ich mich jahrelang durch diese Frage hindurchgequält und es mir wirklich nicht einfach gemacht habe damit.
Eine Veröffentlichung in einem halben Jahr wäre trotz der einen oder anderen Ungereimtheit und Langatmigkeit des Textes nett, aber dafür gibt es keinerlei Förderungen, leider.