
In Bezug auf meine relativen losen Gedanken in Quo vadis Anarch@Feminismus?, wiesen mich zwei Personen darauf hin, dass diese Debatten durchaus schon weiter gedacht worden sind. In meinem knappen Beitrag ging es einfach darum, darzustellen, dass die Konfrontation zwischen Queerfeminismus und sogenanntem „Radikalfeminismus“ relativ offensichtlich als ideologischer Rahmen herangezogen wird, damit Linke ihre jeweiligen Rechthaber*innen-Ansprüche geltend machen können. Die Art und Weise wie die Auseinandersetzung geführt wird, deutet auf eine Verselbständigung der eigentlichen Thematik hin und geschieht größtenteils auch abseits von tatsächlich stattfindenden emanzipatorischen Kämpfen. Um sich davon nicht verwirren zu lassen, braucht es also eigenständige anarchafeministische Positionen, welche vorhanden sind, die es aber auch weiter zu entwickeln gilt. Für manche mag das ohnehin klar sein, aber anderen ist es das nicht.
Zunächst haben Menschen von Die Plattform sich Gedanken gemacht und ein Papier mit dem Titel Anarchafeminismus und Geschlechterideologie verfasst. Dabei scheint es sich vor allem um die Adaption grundlegender feministischer Positionen für ein etwas anachronistisches Grundverständnis zu handeln. An sich finde ich es aber wichtig, auch Grundbegriffe kontinuierlich weiter zu erklären und sich selbst zu erschließen.
In gewohnter Manier der Feindschaft zum Selbstzweck wies mich jemand anderes auf die insurrektionalistische Seite https://anarchafeminismus.noblogs.org/ hin. Dafür braucht man neuerdings aber Zugangsdaten. Auch der Kongress together in love and rage in Berlin letztes Jahr zeigt, dass es hier neuere Entwicklungen und begrüßenswerte Auseinandersetzungen gibt.
Ansonsten gäbe z.B. auch das Buch anarchismus queeren, was 2017 auf deutsch übersetzt wurde. Mir persönlich kam es etwas zu sehr aus einem Umfeld, dass sich mit akademischen Debatten identifiziert. Immerhin gibt es hierbei einige erfrischend neue Anstöße, auch wenn die Beschäftigung mit historischem Anarchafeminismus sicherlich ein Bereich war, den es erst mal wieder zu erschließen galt (-> Vera Bianci, Feministinnen in der Revolution [2003/2022]).
Trotzdem ist die ganze Diskussion darüber keineswegs neu. So werden ökologische, feministische, anti-klassistische und anti-rassistische Aspekte mit Psychatrie-Kritik und utopischem Denken in keinem mir bekannten Beitrag so überzeugend verknüpft wie in Marge Piercy Roman Frau am Abgrund der Zeit von 1976, der aktuell leider vergriffen zu sein scheint.
Wer nach anarchafeministischen Beiträgen aus verschiedenen Richtungen sucht, wird jedenfalls fündig werden. Dahingehend lohnt sich auch der Besuch eines lokalen Infoladens. Zu einem anderen Zeitpunkt möchte ich mich selbst wieder eingehender mit der Thematik befassen. Das hat aber auch ein Weiterkommen mit der persönlichen Beschäftigung zur Voraussetzung, die hier nur zwischen den Zeilen durchklingen mag. Umso mehr freue ich mich über Gastbeiträge zu diesem Thema!