Espero #6 erschienen

Lesedauer: 2 Minuten

Schon im Januar erschien die sechste Ausgaben der libertären Zeitschrift espero, welche kostenlos digital verfügbar gestellt wird [espero #6]. Die siebente Ausgabe für den Juli ist bereits in der Mache, wie man der Homepage entnehmen kann.

Das ich darauf hinweise, entspricht den Charakter meines Blogs, weil ich verschiedene Erzeugnisse und Entwicklungen zur anarchistischen Theorie im weiteren Sinne, vor allem im deutschsprachigen Raum, abbilden möchte. Der Schwerpunkt „Anarchismus und Revolution“ verspricht auch einige interessante Inhalte.

Gerade die Einleitung von John P. Clark fand ich lesenswert. Sein Beitrag Was ist Öko-Anarchismus, ist ebenso wie Uri Gordons Artikel zu Revolution eine Übersetzung. Gabriel Kuhns Beitrag Revolution ist mehr als ein Wort: 23 Thesen zum Anarchismus (den ich direkt nach dem Erscheinen 2016 gelesen habe), ist weiterhin lesenswert und sollte verbreitet und diskutiert werden.

Dennoch zeigt bereits die Auswahl und Herkunft dieser Autor*innen, dass es im deutschsprachigen Raum weiterhin kaum eine Debatte über anarchistische Theorie gibt. So muss ich gestehen, dass die Beiträge der anderen Autoren für mich persönlich weitgehend uninteressant sind. Sie stellen das Hobby alter weißer Männer dar. Lobenswert, dass sie dem nachgehen, ihre Zeitschrift technisch erneuern, sich Inputs von Autoren aus anderen Ländern suchen und so weiter. Reproduziert wird damit aber ein Bild, dass die Beschäftigung mit dem Anarchismus eine angestaubte Marotte wäre.

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zerfeiert

Lesedauer: 2 Minuten

Fertig war ich, fertig und leer. Keine Kraft mehr, keine Lust mehr, kein Bedarf mehr. An irgendwelchen Menschen, Lichtern, Schallwellen, alkoholischen Getränken, Situationen, Gelächter, Gegröhle und dämmrig vor sich hin tanzen. Wie mit allem kann man es beim Feiern übertreiben. Die Grenzen sind dabei individuell sehr unterschiedlich. Ich habe keine Lust mehr, besoffen sieben oder acht Uhr ins Bett zu fallen und es doch nicht geschafft zu haben, in dieser Selbstbespaßung Entspannung oder den Kontakt zu finden, welchen ich mir gewünscht hätte. Länger konnte und wollte ich ohnehin nie wach bleiben, was vielleicht auch sein Gutes hat: Mein Körper sagt mir, wann Schluss ist. Ob ich deswegen länger lebe oder mehr von Leben habe als andere – wer mag das schon beurteilen und vergleichen? Es ist egal.

von: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Disco_Ball_%28Unsplash%29.jpg
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Alfredo Cospito wird ermordet

Lesedauer: 2 Minuten

Vor zwei Tagen erging das Urteil, dass der Anarchist Alfredo Cospito weiterhin lebenslänglich unter den vollkommen inakzeptablen Haftbedingungen des Gesetzes 41-bis ermordet wird. Dieses Gesetz wird seit Mai auf ihn angewendet [prisonersolidarity.com]. Seit Beginn seines Hungerstreiks vor mittlerweile 130 Tagen [autonomies.org, crimethInc.com] hat der Gefangene des italienischen Staates darauf aufmerksam gemacht, dass seine Haftbedingungen denjenigen von hochrangigen Mafiabossen entsprechen. Diese führten häufig aus dem Gefängnis ihre Geschäfte weiter, wie es von der staatlichen Rechten wohl auch häufig geduldet wurde.

Das Gefängnissystem als solches ist unmenschlich und abzuschaffen. Dennoch wird mit der Folter von Alfredo ein Exempel für die anarchistische Szene in Italien insgesamt statuiert. Erst mit Demos und verschiedene Aktionen konnte darauf aufmerksam gemacht werden [itsgoingdown.org], dass der italienische Staat unter einer Regierung mit sichtbaren faschistischen Anteilen, den staatlichen Autoritarismus ausbaut.

Die anarchistische Szene mit der Mafia gleichzusetzen, ist auch deswegen ein enorm mieser Zug, weil sich Mafiaclans zwar in traditioneller Abgrenzung gegen die Ausbreitung des Nationalstaates bildeten, aber in den vielen Fällen als Streikbrecher und Auftragsmörder gegen sozialistische Aktivist*innen auftraten. In dieser Funktionsweise wurden sie vom Teilen des italienischen Staates häufig protegiert, der über Jahrzehnte von Mafiastrukturen durchsetzt war.

Anmerkung: Dieser Fall und die entsprechenden Soli-Aktionen hat mich bereits vorher beschäftigt. Andere Personenkreise sind aber weit näher an diesem Themengebiet dran. Das heißt Informationen über Repression etc. werde ich auf diesem Blog weiterhin nur spiegeln. Ich verfasse dazu einen Post, um meine Bestürzung und Solidarität auszudrücken und das Zeitgeschehen zu dokumentieren.

Egoismus vs. Plattformismus – Zwei Seiten der selben Medaille?

Lesedauer: 5 Minuten

Der Anlass diese Zeilen zu schreiben war ursprünglich, dass ein paar Trolle aus dem egoistischen Lager drei Fake-Heftchen herausgegeben haben. Darin greifen sie die Plattform, anarchismus.de und das Institut für Syndikalismusforschung an. Kritik ist wichtig und auch im vorliegenden Fall völlig legitim. Die Weise, wie die Autor*innen sie formulieren jedoch für mich inakzeptabel und selbstzerstörerisch.

Darüber hinaus ist ihre Argumentation scholastisch. Das heißt, die Autor*innen der Hefte denken nicht, sondern konstruieren sich ihre Gegner*innen so zurecht, dass es in ihr vorgepresstes Schema passt. Dazu arbeiten sie mit einem Haufen Unterstellungen, anstatt sich einfach mit den Gruppen und Leuten zu beschäftigen, welche sie kritisieren. Der Sinn dieses Unterfangens scheint in einer reinen Selbstbespiegelung zu bestehen. Jedenfalls werde ich an dieser Stelle nur knapp inhaltlich auf diese Broschüren eingehen, sondern vielmehr einige Gedanken dazu formulieren, inwiefern Egoismus und Plattformismus zwei Seiten derselben Medaille sind.

von Johannes Wapelhorst CC-Lizenz; von: https://www.flickr.com/photos/190816177@N05/50804617797

In einem Heft drucken die Autor*innen den Text „Zehn Thesen zum Aufstieg des Egokraten“ (von 1977) ab. Lächerlich daran ist, dass sie damit genau eine Projektion ihres eigenen Anti-Autoritarismus auf die Anhänger*innen der Plattform betreiben – Während sie jenen vorwerfen, sich anzumaßen zu definieren, was Anarchismus sei, tun sie dasselbe. In ihrem dogmatischen, also wortgläubigen, Glaubenssystem spiegeln die Egoist*innen daher lediglich den Dogmatismus der Plattform wieder. Haben letztere ihre spanische Revolution oder Machno-Bewegung, so sind es für erstere ihre „Träume“ von denen sie sich leiten lassen wollen. Doch auf dem Grund des vermeintlich „freien“ und „wilden“ Individuums ihrer Traumwelt verbirgt sich nicht mehr als das bürgerliche Subjekt.

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Linke Pseudo-Widersprüche

Lesedauer: 3 Minuten

Auf https://leftvalues.github.io/ kann man einen interessanten Test machen, mit welchem die eigenen „linken“ Werte ermittelt werden. Unten findet sich mein Ergebnis. Da ich in der Kategorie „Marxismus-Leninismus“ 0% und bei „Sozialdemokratie“ auf 15,1% gelandet bin, während die höchste Übereinstimmung „Öko-Anarchismus“ und darauf folgend „Anarcho-Kommunismus“ (98,5%) ist, kann der Test schon mal nicht so falsch sein…

Zwar sind viele der 72 Fragen durchaus für das Nachdenken über gesellschaftliche Transformation und die Einschätzung verschiedener Ansichten dazu relevant. Gleichzeitig tauchen bestimmte Themen jedoch überhaupt nicht auf.

mein Ergebnis in binär gedachten Kategorien

Vor allem sind die Fragen aber häufig in falschen Entgegensetzung formuliert. Beispielsweise: „Es ist akzeptabel, dass die Menschheit in nennenswertem Maße leidet, um das natürliche Ökosystem zu erhalten.“ – Ohne ein funktionierendes Ökosystem wird die Menschheit sich bei der aktuellen ökologischen Katastrophe selbst größtenteils auslöschen, was sicherlich als ein „nennenswertes Maß“ an Leiden begreifen müsste. Worum es gehen muss, ist die Etablierung eines anderen gesellschaftlichen Naturverhältnisses.

Und so geht es weiter mit den Pseudo-Widersprüchen (s.u.). Z.B. bin ich nicht dadurch, dass ich Parteipolitik nicht gutheiße, „sehr gewerkschaftlich“. Auch „Wissenschaft und Utopie“ sind nur bei jeweils bestimmten Verständnissen von ihnen Gegensatzpole. Schließlich beinhaltet das anarchistische Konzept von sozialer Revolution, gesamtgesellschaftliche Transformation mit konkreten Verbesserungen zu verbinden… Was die Frage nach (De-)Zentralität angeht, war mir auch nicht bewusst, dass ich da so „extremistisch“ eingestellt bin…

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Sind Piraten jetzt doch böse?!

Lesedauer: 3 Minuten

David Graebers Stärke lag insbesondere darin, anarchistisches Denken mit akademischen und gesellschaftlichen Debatten zu verknüpfen und anhand der Untersuchung verschiedener Themengebiete zeitgemäße anarchistische Perspektiven zu entwickeln und zu popularisieren. Die überaus interessanten Punkte, welche er aufmacht gingen wie in Bullshit Jobs allerdings leider immer wieder zu Lasten der Glaubwürdigkeit. Auch der Plauderton, in welchen Graeber immer wieder verfallen ist, führte hin und wieder zu einer Verminderung der Seriosität seiner Schriften. Seine fundierte Arbeit mit David Wengrow in Anfänge. Eine neue Geschichte der Menschheit steht dazu in einem merkwürdigen Kontrast, da mit ihr erkennbar wird, dass Graeber zugleich ein scharfsinniger Forscher war.

Vermutlich kaum anders wird es bei seinem kürzlich aus dem Nachlass erschienen Buch Piraten. Auf der Suche nach der wahren Freiheit (2023) sein. Ich habe das Buch noch nicht gelesen, kenne die darin enthaltenen Thesen aber unter anderem aus der überzeugenden und neu aufgelegten Schrift Einen Westen hat es nie gegeben (2013/2022). Im Unterschied dazu kann ich mir gut vorstellen, dass das Piraten-Buch recht spekulativ gehalten ist und keine wissenschaftlichen Überprüfung wirklich standhalten würde. (Was im Übrigen ebenso auf zahlreiche geschichtswissenschaftliche Studien zutreffen dürfte, in welchen die vermeintliche Ursprünglichkeiten begründet werden sollen.)

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Let’s talk about… Money

Lesedauer: < 1 Minute

Gestern nahm ich an einer interessanten Veranstaltung teil, deren Thema immer aktueller wird. Direkte und kollektive Organisierung von Geld-Angelegenheiten ist eine individuelle, rein szenemäßige Elendsverwaltung, sondern der Ausgangspunkt für einen anderen Umgang mit Ressourcen. Solidarische Ökonomien ermöglichen, Ängste vor Armut und damit verbundener Vereinzelung und Ausgrenzung zu lindern. Damit wird präfigurativ eine andere Gesellschaft vorweg genommen. Und im Hier und Jetzt schafft ein solidarisches Wirtschaften die Voraussetzungen für phasenweise intensiven Vollzeitaktivismus für einige. Kapitalismus zu verstehen und zu kritiseren ist das eine. An einem anderen ökonomischen Verhältnis zu bauen, etwas anderes. Selbstverständlich muss sich dieses auch auf die Produktion beziehen und bereits dort ansetzen. Zugleich gilt es zunächst darum, die konkreten Bedingungen zu schaffen, um sich darum überhaupt Gedanken machen zu können…

Musterstudienplan

Lesedauer: < 1 Minute

Wenn ich noch mal Studieren könnte – so habe ich mir gesagt – und wenn das Studium in meiner jetzigen Disziplin sein würde, so sähe der Musterstudienplan vielleicht etwa in so aus. Wenn man schon mal an einer Uni ist, kann man auch etwas Vernünftiges lernen, denke ich mir. Das gilt selbstverständlich auch für die Sozial- und Verhaltenswissenschaften.

So einen Plan aufzustellen ist spaßhaft gemeint. Denn logischerweise müssten nicht einfach die Inhalte, sondern auch die Formen für ein vernünftiges und interessantes Studium geändert werden. Noten gäbe es keine, dafür aber gegenseitige Rückmeldungen und Kritik. Tja, wer weiß… Wenn Anarchist*innen in früheren Zeiten schon freie Schulen gegründet haben, warum dann nicht mal eine freie Uni mit acht bis zwölf fachlich, sozial und didaktisch kompetenten Lehrkräften aufziehen?

Aber dann stellt sich unter heutigen Bedingungen wieder die Frage: Wer soll das bezahlen? Immerhin können wir schlecht von der Feldarbeit der Studierenden leben oder sie in ihrer Freizeit als Nachhilfelehrer*innen ausbeuten (zumal sie ja meistens auch kein Geld haben werden…). Als Ort der Alter-Uni wünsche ich mir übrigens ein halb verfallenes Kloster. Nicht zu abgekapselt von der Mehrheitsgesellschaft, aber auch nicht zu nahe dran. Man wird ja wohl noch träumen dürfen 😉

Part #5

Lesedauer: < 1 Minute

#5 anarchist perspectives on state, class, feminism, race and ecology

What since a while is generally known as „intersectional approaches“ turns out as a genuine anarchist way of thinking: To overcome domination at whole means to interconnect different dimensions of dominating societal relations and their replacement with solidary, voluntary and equal relations, which are already there.

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