Kropotkin begleitet mich ein Stück des Weges
Nun habe ich die Bücher also in vierfacher Ausfertigung eingereicht. Mensch ey, was für eine Arbeit, was für ein Stress! Was für eine Selbstdisziplinierung in prekären Lebensverhältnissen in den letzten Jahren! Da habe ich viel zurück gestellt. Ich weiß warum und habe mich auch dafür entschieden. Ob ich das nochmal so tun würde? Keine Ahnung. Empfehlen würde ich es struggelnden, zappelnden Personen, die nicht in dieses Milieu hineingeboren sind jedenfalls nicht unbedingt. Damit kommt aber auch unmittelbar die Bewusstwerdung über meine Privilegiertheit hinein. Natürlich macht es einen Unterschied, weiß zu sein, Bildungskram frühzeitig vermittelt bekommen zu haben. Was die Männlichkeit angeht, bin ich mir in meinem Fall nicht so sicher, da ich in der Hackordnung immer weit unten stand. Aber diesem Thema wollte ich mich jetzt auch mal wieder widmen.
Gut, die Dissertation liegt nun in einem Dekanat herum bis die bürokratischen Verfahren eingeleitet und mein Werk dann begutachtet und beurteilt werden – wie es sich gehört. Ließe sich sicherlich auch anders gestalten. Doch auch auf diese Form und diesen Ablauf habe ich mich eingelassen, im Wissen um ihre Widersprüchlichkeit und die herrschaftlichen Aspekte einer akademischen Betriebs und seiner Gilde. Ach, da gäbe es so einiges zu kritisieren! Der Neoliberalisierung der Hochschulen widerspricht ja nicht der Muff der tausend Jahre, welcher auch manch reaktionärem Professor ein Refugium bietet. Aber das wäre ein eigenes Thema für sich. Und vielleicht habe ich auch nicht so viel länger mit dem Laden zu tun. Aber wer weiß…
Auf dem Weg meiner Abgabe direkt begleitete mich niemand meiner Freund*innen und Bekannten. Einige von ihnen habe ich später noch getroffen. Zeit zum Feiern ist auch erst, wenn das Ganze geprüft und verteidigt und vereidigt wurde. Das dauert noch. Weil ich den Weg zur Einreichung alleine angetreten bin, wird mir auch bewusst, was ist, was war: Viele meine früheren Gefährt*innen, Freund*innen, Genoss*innen gehen einer strukturierten Lohnarbeit und/oder haben Kinder bekommen. Manche von ihnen haben viel mit eigenen Problemen zu tun, die nach den Dreißigern für jene, die mit bestehenden Gesellschaftsstrukturen und Anforderungen hadern ja nicht weniger werden. Klar, einige sind wohl auch durchgestartet und in einer bürgerlichen Lebenswelt angekommen, haben ihre rebellische Phase hinter sich gelassen. Umso wichtiger erscheint daher, dass doch noch manche auf die eine oder andere Weise bei der Sache geblieben sind.
