Landauer-Workshop – Teil 2

Lesedauer: < 1 Minute

Geschichtsphilosophie, Revolutionsverständnis, Utopie

Die Revolution (1907) ist für Landauer eine Phase des Übergangs, in welcher die sozialistische Gesellschaft bereits vorweg genommen wird. Dies hat stark mit seiner Geschichtsphilosophie zu tun, die nicht von einer Totalität, sondern von unterschiedlichen gesellschaftlichen Verhältnissen ausgeht, welche parallel zueinander vorhanden sind. Unter Utopie versteht er keinen fernen Traum, sondern die Tendenz nicht realisierter Vorstellungen und Konzepte, welche zu allen Zeiten unter den dominierenden Herrschaftsverhältnissen mitläuft.

ABLAUF

11:00 – 11:45 Rekapitulation und Input zur revolutionären Situation 1918/1919

dazu u.a.: Simon Schaupp, Der kurze Frühling der Räterepublik. Ein Tagebuch der Bayrischen Revolution, Münster 2017.

12:00 – 13:00 Kernlektüre

Gustav Landauer, Revolution, Berlin 1977 [1907], S. 7-29, 52-59, 80f., 84-92, 96-102, 108-115. (→ ca. 47 Seiten, klein)

13:00 – 13:30 Pause

13:30 -14:15 erweiterte Diskussion

Siegbert Wolf, Gustav Landauer zur Einführung, Hamburg 1988, S. 51-57.

Jan Rolletschek, Begriff und Praxis der Revolution bei Gustav Landauer, in: Gai Dao. Zeitschrift der Föderation deutschsprachiger Anarchist*innen, Sonderausgabe, Nr. 9 (April 2019), S. 15-20.

Bini Adamczak, Beziehungsweise Revolution. 1917, 1968 und kommende, Berlin 2017, S. 86-91.

14:30 – 15:00 Zusammentragen

Gibt es schon Frühstück und wo ist die Polizei?

Lesedauer: 11 Minuten

Im Dannenröder Wald wollen Klimaaktivist*innen den Ausbau der A49 verhindern, aber auch eine Alternativgesellschaft vorleben

Diesen Beitrag von Sal Paradiese, veröffentlicht am 17.11.2020 in Analyse&Kritik, möchte ich hier gern spiegeln.

Ein Baumhaus-Barrio (übernommen von AKweb)

Seit September 2019 ist der Dannenröder Forst zwischen Stadtallendorf und Dannenrod in Mittelhessen besetzt. Klimaaktivist*innen wollen damit die Rodung einer Trasse durch das Trinkwasserschutzgebiet verhindern, die für den Ausbau der Autobahn A49 benötigt wird. Am 1. Oktober 2020 begannen die Rodungsarbeiten, die für den Weiterbau der Autobahn notwendig sind. Andere besetzte Waldstücke auf der geplanten Route wurden bereits geräumt und teilweise gerodet. Während diese ak-Ausgabe produziert wurde, begann die Polizei mit der Räumung des Dannenröder Waldes. Unser Autor beteiligt sich an den Besetzungen im »Danni«.

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Das Konzept der Schwarmintelligenz in der Kriegsführung

Lesedauer: 11 Minuten

veröffentlicht auf schwarzerpfeil.de unter dem vollständigen Titel Das Konzept der Schwarmintelligenz in der Kriegsführung: eine Einführung für Aktivist:innen der Frontlinie

Original erschienen bei ILL WILL editions

Anm.: Ein deutschsprachiger Artikel mit Taktiken der Hongkonger Protestbewegung findet sich hier.

Einführung
Im Folgenden soll eine Einführung in das Konzept des „Schwarms“ als Ansatz der Kriegsführung gegeben werden, wie es von John Arquilla und David Ronfeldt in Swarming and the Future of Conflict thematisiert wird, das im Jahr 2000 im Rahmen des National Defense Research Institute der RAND Corporation veröffentlicht wurde. Es besteht die Hoffnung, dass die aufkommenden Frontalkonflikte der Demonstrant:innen, welche vom Hong Kong Democracy Movement 2019 zu den George Floyd Protesten 2020 migriert ist, die Schwarmintelligenz nutzen können, um die oft zitierte Maxime „be water“ zu erweitern.
Bei der Kriegsführung mittels „Schwarmintelligenz“ („Swarm warfare“) geht es darum, horizontale Kommunikation zu nutzen, so dass Gruppen sowohl autonom als auch gemeinsam handeln können, ohne zentralisierte, hierarchische Befehlsstrukturen. Falls das bekannt klingt, ist es kein Zufall: Arquilla und Ronfeldt zitieren die Strategie der Anarchist:innen und Globalisierungsgegner:innen im Vorfeld der Ereignisse um die Schlacht von Seattle 1999 als ein zeitgenössisches Beispiel für „Schwarmbewegungen“ die während der schriftlichen Ausarbeitung aufkeimten. Ausgehend von den Lehren aus den Entwicklungen in der Kriegsführung am Ende des 20. Jahrhunderts schlägt ihre Arbeit „Battle Swarm“ als Militärdoktrin vor, d.h. als normativen Ansatz zur Führung von Kriegen. Der „Battle-Swarm“ ist daher ein Beispiel dafür, wie unsere Feinde aus unserer Art zu kämpfen lernen, um unsere Erkenntnisse gegen uns anzuwenden. Und doch funktioniert das Lernen in beide Richtungen: Bei der Formulierung des Konzepts der Kriegsführung mittels Schwärmen haben uns unsere Feinde geholfen, indem sie wichtige taktische, strategische und logistische Aspekte identifiziert haben, die wir in unseren Kämpfen verbessern können. Daher sollte die folgende Einführung in Schwarmbewegungen als ein Ansatz zur Konfliktbewältigung genutzt werden, um unsere Taktiken auf der Straße kritisch und kreativ zu überprüfen und zu beurteilen, welche Arten von Kommunikationsinfrastrukturen und -praktiken geeignet sind, unsere Aktionen zu koordinieren [1].



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Sollte man Faschisten lesen?

Lesedauer: 9 Minuten

zu Alain de Benoist, Kulturrevolution von rechts

Ja okay, zugegeben: Ich habe einen Faschisten gelesen. Warum auch nicht? Wer den Feind besiegen will, muss ihn schließlich kennen. Wer den Feind besiegen will, muss erfassen, aus welcher Gesellschaftsform er hervorgeht, also seine Wurzeln bekämpfen. Es war immer so eine Sache für mich mit den Faschisten: Wie sie sich inszenieren oszilliert meist zwischen Stumpfsinn und theatralischer Lächerlichkeit. Wenn sie den Mund aufmachen, hört man oftmals das geballte Elend, was Deutschland hervorgebracht hat. Weil es Rudimente der gleichen Sprache sind, die sie von sich geben, entsteht instinktiv dann doch etwas wie Fremdscham. Doch, das trifft es eigentlich: Man schämt sich fremd und möglichst fremd, so fremd wie möglich, weil man mit diesen Leuten nichts gemein haben will, nur eben befürchtet, sich vor Leuten, die mit anderen Sprachen aufgewachsen sind, für diese Deutschen rechtfertigen zu müssen. In der Regel ist was sie schreiben endlos schlecht. Daher ja meine Arroganz und Ignoranz den Faschisten gegenüber: Ich kann sie selten Ernst nehmen. Selbstverständlich, ihre Gewaltandrohungen auf verschiedenen Ebenen – die sind ernst zu nehmen, denn sie führen täglich zu Gewalt. In diesem Land. In meiner Umgebung. Aber ernst nehmen auf einer intellektuellen Ebene kann ich sie kaum.

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Radiobeitrag: „Die Querdenken-Bewegung wird aktiv formiert“

Lesedauer: < 1 Minute

Für diejenigen, die nicht bereits davon gehört haben, hier ein Link zu einem sehr guter Beitrag, in welchem (demokratische) Schlüsse aus der Beobachtung der Querdenken-Demo in Leipzig am 7.11. gezogen werden:

https://radiocorax.de/le0711-die-querdenken-bewegung-wird-aktiv-formiert/

Auch ich habe dahingehend verschiedene Eindrück gewonnen, die ich jedoch noch weiter einordnen möchte, bevor ich eventuell dazu etwas schreibe.

Antideutsche Regression

Lesedauer: 6 Minuten

trigger-Warnung: Der folgende Beitrag entstand in einem Moment des Auskotzens, würde ein anderes Mal vermutlich anders geschrieben werden und wurde nicht noch mal überarbeitet.

Bedauerlicherweise kam es im Bekanntenkreis erneut zu einem ernsten Fall antideutscher Regression. Also zu einem Rückfall in Annahmen und Vorstellungen, die zwar früher schon teilweise falsch waren, teilweise aber auch ihren Grund und ihre Berechtigung hatten. Zunächst einmal gilt, das mich die antideutsche Kritik sehr geprägt hat und ich das nicht missen will. „Antideutscher“ selbst wurde ich dann jedoch nie. Dazu war es mir einfach zu deutsch, die bestehende Herrschaftsordnung zu affirmieren, anderen aus einer Position theoretischer Arroganz und Überheblichkeit zu erklären, was sie richtig oder falsch machen und von Selbsthass getrieben Abwertung anderer zu betreiben. Doch neulich war ich doch sehr überrascht, dass da einige Genoss*innen offenbar spürbar hängen geblieben sind, ich regelrecht einen Rückfall wahrnehmen musste. So etwas kann passieren. Deswegen schreibe ich ein paar Zeilen dazu.

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Gedanken zur Anti-Hegemonietheorie

Lesedauer: 3 Minuten

Zum Beitrag vom 4.11., der anti-hegemonialen Hegemonietheorie von Richard Day schickte mir Traks Guérin einige weitere Überlegungen. Darin geht es im hauptsächlich darum, die Hegemonietheorie als analytisches Werkzeug zu retten. Jens Kastner schrieb an einer Stelle („Begegnung feindlicher Brüder“), es gälte die theoretische und politische Dimension dieser (und sicher auch anderer) Theorien auseinander zu halten. Aus einer bestimmten Analyse folgt eben nicht zwangsläufig eine bestimmte Handlungsstrategie, sondern können verschiedene Schlüsse gezogen werden. Dahingehend würde ich ebenfalls sagen, dass die Hegenomietheorie viel dazu beitragen kann, ein fundiertes Verständnis von politisches Prozessen zu entwickeln. Antonio Gramsci selbst trat dabei im Unterschied zu Anarchist*innen zweifellos dafür ein, dass Ziel der Gewinnung von Hegemonie auch die Übernahme der Staatsmacht durch die kommunistische Partei sein sollte, welche dafür in den sozialen Bewegungen führend werden müsste. Insgesamt liegen Traks Guérins und meine Ansichten dazu nicht weit auseinander. Sie laufen darauf hinaus, zu thematisieren, wie auch mit anarchistischen Bestrebungen eine Selbstermächtigung von verschiedenen ausgebeuteten und unterdrückten Gruppen gelingen und diese sich in ein gemeinsames Projekt auf Augenhöhe assoziieren können.

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Was uns krank macht

Lesedauer: < 1 Minute

Die Gesellschaft in der wir leben macht krank. Das ist weitestgehend bekannt. Jenen, die das Gegenteil behaupte, traue ich nicht über den Weg. Schließlich sind sie Meister*innen in der Verdrängung und dem Sich-Einfügen. Bestimmte Ereignisse können aber dazu führen, dass das Fass überläuft und die Betreffenden durchdrehen. Daher braucht es eine sozial-revolutionäre Perspektive, welche Menschen positive Veränderungsmöglichkeiten aufzeigt, die den Abbau ihrer Unterdrückung, Ausbeutung und Entfremdung beinhalten. Dazu ist auszusprechen, was stört. Ceremony tun dies auf gelungene Weise.

Landauer-Workshop – Teil 1

Lesedauer: < 1 Minute

Sozialismus als Beziehung zwischen Menschen im Gegensatz zum Staat

Landauer ist der Ansicht, dass es, damit es zur Revolution kommen kann, es sich bereits heute sozialistisch zu orientieren und zu organisieren gilt. In seinem Aufruf zum Sozialismus von 1911 formuliert er diesen Appell, entfaltet Kerngedanken seines Menschenbildes und umreißt sein Projekt des kommunitären Sozialismus. Wie lassen sich neue Formen von Gemeinschaftlichkeit und Individualität denken und praktisch leben?

ABLAUF

11:00 – 11:45 Einstieg

– persönliche Vorstellung

– Vorstellung unseres Konzepts

– zur Biographie Landauers

– zur Aktualität Landauers

12:00 – 13:00 Kernlektüre

Heydorn, Heinz-Joachim (Hrsg.), Gustav Landauer, Aufruf zum Sozialismus, Frankfurt 1967, S. 57-68, 72-77, 82-84, 103-109. 115-119, 131-135, 141f., 147-150, 164-170, 178-186.

(→ ca. 57 Seiten, Seitenangaben nach der Ausgabe der Europäischen Verlagsgenossenschaft 1967)

13:00 – 13:30 Pause

13:30 -14:15 erweiterte Diskussion

Siegbert Wolf, Gustav Landauer zur Einführung, Hamburg 1988, S. 14-28.

Martin Buber, Pfade in Utopia, Heidelberg 1950, S. 81-99.

John Clark, The third concept of liberty. Theorizing free community, in: The Impossible Community. Realizing Communitarian Anarchism, New York/London 2013, S. 53-91, hier: S. 78-91.

14:30 – 15:00 Zusammentragen