Anarchismus auf den Philippinen

Lesedauer: 2 Minuten

Im Kontakt mit Simoun Magsalin erfuhr ich einiges über den Anarchismus auf den Philippinen, der sich unter einer Regierung mit starken faschistischen Tendenzen, als Alternative entwickelt. Simoun schrieb den Text Towards an Anarchism in the Philippine Archipelago, in dem er die Notwendigkeit einer befreienden Politik von unten betont und den er mir freundlicherweise hier zur Verfügung stellt:

In Manila strebt das Bandilang Itim Kollektiv eine Verbreitung anarchistischer Vorstellungen an und bezieht sich dabei auch auf neue theoretische Entwicklungen. Lohnenswert scheint mir dahingehend z.B. der Text The Promise of an Anarchist Sociological Imagination von Erwin F. Rafael, indem es um die Wiedergewinnung einer anarchistischen Vision geht, welche emanzipatorische soziale Bewegungen inspirieren kann. Dies hat eine große Relevanz in allen aktuellen Kämpfen, die auch immer tiefer aufeinander bezogen werden. Rafael schreibt unter anderem:

Successes can be found in the cracks of the global system of control and domination: Chiapas and Cheran in Mexico, El Alto in Bolivia, and Rojava in Syria,
to name a few. What these communities have in common is not just a sensibility to relate their personal and community troubles to the global system of control trying to take hold of their lives. These communities also exercise the creative imagination to turn the slogan “Another World Is Possible” into reality, relentlessly refusing to bow down to the common sense of how people’s lives should be organized, and boldly asserting their right to self-determination.

Auch das Fazit des Beitrags finde ich sehr ermutigend, indem formuliert wird, dass anarchistisch zu handeln immer in komplexen Situationen stattfindet und mit Unsicherheiten verbunden ist. Gerade deswegen lässt sich mit dieser Herangehensweise emanzipatorisch voran gehen.

The anarchist sociological imagination’s emphasis on finding potential for freedom in the presen is not based on an unfounded optimism or a naïve positive view of human nature. Instead, it stems from the recognition and acceptance of society’s complexity. Domination is the outcome of responding to complexity through simplification […]. The anarchic response, on the other hand, means learning to live with complexity, just like how one steers through the waves in navigating the ocean. Uncertainty is seen as a necessary correlate to complexity.

Der Text findet sich bei theanarchistlibrary.org und ich lade ihn auch hier noch mal hoch:

CfP 3rd International Conference of Anarchist Geographies

Lesedauer: < 1 Minute

Vom 15.-19.12.2021 – also noch eine ganze Weile hin – wird in Oaxaca City/Mexiko die 3. internationale Konferent zu anarchistischen Geographien und von anarchistischen Geograph*innen statt. Nun ja, das ist nicht gerade um die Ecke, aber dank Corona scheint sich auch die Einsicht durchzusetzen, dass es voll bescheuert ist, für nen paar Tage Konferenz einen Interkontinental-Flug zu machen – und sei sie noch so interessant. Demgegen über steht andererseits, dass direkte Begegnungen äußerst wichtig sind, um gemeinsame Projekte zu starten und sich verbunden zu fühlen. Wer jedenfalls gern plant, kann bis zum 31.12.2020 einen Beitrag einreichen zu “Antiauthoritarian geographies: autonomy, decolonization and libertarian struggles”. Unten findet sich der CfP zum download.

Themenfelder und Ansätze können dabei sein:

Social struggle and solidarity spaces in Oaxaca and the Magonism legacy
– Autonomies and self-determination struggles
– Feminism, gender, and libertarian struggles
– Campesino struggles from a libertarian perspective
– Decoloniality and anarchism
– Territory defense from below
– Dispossession, violence, and imperialism
– Critiques to anarchism from the margins
– Anarchism outside Europe (black, indigenous, transnational, etc.)
– Radical cartographies
– Anarchism and critical, radical, and postcolonial geographies

Climate change and ecological crisis, territorial struggles and anarchism
– Local stages, global conflicts / Local conflicts, global stages
– Geography as an epistemological exploration of the pluriverse
– Anarchist’s diasporas: past and present
– Modalities of rebellious actions
– Visual culture, geography, and anarchism
– Walking, geography, and anarchism
… among many other

Anarchistische Buchmesse in Freiburg

Lesedauer: < 1 Minute

Programm 2020

Über drei Tage organisieren wir ein vielfältiges Programm um zur eigenen Emanzipation und dem Aufbau von Solidarität beizutragen. Den Rahmen für die Buchmesse bieten natürlich die Buch- und Infostände verschiedener Verläge und Gruppen, aber auch unser Workshop-Angebot. Außerdem wird es gemeinsame Mahlzeiten geben, eine Bar zum andauernden Austausch und anderes Programm zur kulturellen Begleitung.

Beteiligung bei der Buchmesse ist erwünscht (Kochen, Getränke schleppen, etc.).

Freitag:

  • Begrüßung: 17 Uhr
  • 18 Uhr Lesung: Food for Futur
  • Abendessen [KüFa/Vokü]
  • 20 Uhr Szenische Lesun: Zirkus der Gerechtigkeit

Samstag:

Ganztägig: Buchstände! Viele, viele Bücher, zeitschriften, etc.

  • 10-12 Uhr: Mathematical Anarchism (Vortrag) |  Links der Linken – Sam Dolgoff und die radikale US-Arbeiterbewegung (Lesung) | BBSC Kommunikationsguerilla (DIY) 3h
  • 12 Uhr: Mittagessen
  • 14-16 Uhr: Talkin‘ about a revolution… (Vortrag) | Antifa und Kommunikationsguerilla (Workshop) | Sexismus in der linken Szene (Diskussionsrunde DIY)
  • 16-18 Uhr: Feministische Perspektive auf Rojava (Vortrag)  | Antifa und Kommunikationsguerilla (Workshop, fortsetzung) | Demo-Moderation (Workshop DIY)
  • 18:30: Sicherheitskultur (Vortrag) | Corona und die Demokratie (Lesung) | Sexpositivity (Workshop)
  • 20 Uhr: Abendessen

Sonntag:

Ganztägig: Buchstände! Viele, viele Bücher, Zeitschriften, etc.

  • 10-12 Uhr: Make Rojava Green Again (EKIB) (Vortrag) | Für ein neues anarchistisches Bewusstsein
    (Vortrag) | Linoldruck (DIY)
  • 12 Uhr: Mittagessen
  • 14-16 Uhr: Alternative Archivszene in der BRD (Vortrag) | Cyber Valley – Unfall des Wissens (Lesung)

Ein (anti-)politischer Egoismus und Hedonismus

Lesedauer: 13 Minuten

Es gab ein Buch, das mich in letzter Zeit nachdenklich gemacht hat. Und zwar die reine Freude am Sein. Wie man ohne Gott glücklich wird, von Michel Onfray, welches 2008 auf deutsch erschienen ist. Interessant finde ich weniger die Inhalte an sich, sondern der Kontext, in dem es geschrieben ist. Denn Onfray startete gewissermaßen als Anarchist. Sein erstes Buch (1989) war eine Studie zum französischen Individualanarchisten George Palante, welcher sich auf Stirner und Nietzsche bezog. Onfray stellt sich explizit in diese individualanarchistische Tradition und formuliert davon abgeleitet eine vehemente Kritik an gängelnden, normierenden und repressiven Institutionen, sowie an jeglichen Ideologien, welche Einzelne zwingen und unterwerfen. Große Bekanntheit erlangte er mit seinem Buch Wir brauchen keinen Gott. Warum man jetzt Atheist sein muss (2006) und wurde durch seine Schriftstellerei so erfolgreich, dass er 2002 eine Art Volkshochschule in Caen gründete, in welcher er seinen eigenen Stil ausprägen konnte. Dieser besteht insbesondere darin, dass er die hedonistischen Strömungen der europäischen Philosophie als Tradition durch die Geschichte hindurch, in den Vordergrund stellt. Dazu schrieb er zwischen 2006 und 2013 einen Gegengeschichte der Philosophie in neun Bänden, von denen hier insbesondere der fünfte L’eudémonisme social – de Godwin à Bakounine interessant sein könnte. Wichtig ist zudem, dass Onfray sich als „Postanarchisten“ bezeichnet und aus dieser Position heraus eine vehemente Kritik an der EU, am Islam und an „liberalen“ Politikformen der Linken entwickelt – ohne deswegen jedoch das Subjekt der Klasse zu rehabilitieren.

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Politische Anthropologie eines Pseudo-Kropotkin

Lesedauer: 5 Minuten

Auf kritisch-lesen.de erschien meine Rezension zu Rutger Bregmans Im Grunde gut. Eine neue Geschichte der Menschheit (Rowohlt 2020). Den Titel den die Redaktion gewählt hat, kann ich nur bedingt nachvollziehen, ebensowenig wie die Schlagworte „Tierrecht“ und „Naturschutz“ mit denen die Besprechung getaggt wurde – aber gut, so ist das wohl manchmal im Journalismus. Meine entscheidende These lautet jedenfalls: Bregman adaptiert Kropotkin, auf welchen er bei dieser Thematik sicherlich gestoßen sein müsste, ohne den Ideengeber für eine positive politische Anthropologie und rational begründete Ethik beim Namen zu nennen.

Sozialismus für Mensch und Tier

Nach seinem Bestseller „Utopien für Realisten“ (2017) erschien jüngst ein weiteres populärwissenschaftliches Werk von Rutger Bregman, der als hipper europäischer Nachwuchsintellektueller gehandelt wird. Bestimmte Inhalte popularisieren und damit auch etwas Geld verdienen zu wollen – dagegen ist grundsätzlich nichts einzuwenden. Die staatlich-kapitalistisch-patriarchale Gesellschaftsformation ist beharrlich und die Entwicklung konkreter Utopien aus ihr heraus eine ungeheure Herausforderung. Dahingehend widmet sich Bregman in „Im Grunde gut“ durchaus einem bedeutenden Themenfeld: der politischen Anthropologie, also dem Menschenbild, welches wir unseren Annahmen über Gesellschaft, ihre Integration und potenziellen Transformation zu Grunde legen.

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Dauerwelle und Politik der Angst

Lesedauer: 5 Minuten

Unten bilde ich den Text von Peter Nowak unter dem Titel Zweite Welle oder Dauerwelle ab, weil dieser prinzipiell erst mal in die Richtung geht, die ich selbst vertrete. Selbstverständlich ist und bleibt die Angelegenheit mit der Corona-Seuche weiterhin äußert kompliziert zu beurteilen und eine gesundheitliche Gefahr, darüber jedoch auch eine für die gesellschaftliche Integration, weswegen sie Forderungen nach autoritärem Durchgreifen befördert. Dies habe ich mit dem Text Was bedeuten soziale Freiheit und Solidarität in Zeiten des pandemischen Ausnahmezustandes? zu thematisieren versucht und auf subjektivere Weise in einem Drama vom pandemischen Ausnahmezustand verarbeitet. In letzterem fällt die Beziehungslosigkeit der verschiedenen Akteure ins Auge, die sinnbildlich für die Isolation steht, welche eine Politik der Angst hervorbringen soll, um bestimmte Maßnahmen zu rechtfertigen und umzusetzen, wobei mit dem Glauben an die Potenz und Kapazität staatlicher Regulierung, Staat als politischen Herrschaftsverhältnis re-institutionalisiert wird. Das Verhalten von „Linken“ interessiert mich dabei weniger wie Peter Nowak, wobei ich zugeben muss, dennoch überrascht von den zahlreichen staatshörigen Ansichten gewesen zu sein. Andernorts, wie etwa in Frankreich bezüglich der sogenannten Gelbwesten-Bewegung, stellten sich Linke und Autonome nicht so an, sich mit den Protestierenden zu solidarisieren, um deren Kämpfe ihren politisch-ethischen Ansprüchen nach mitzugestalten. Eine Rede davon, „die“ Linke hätte es wieder mal verkackt, während des pandemischen Ausnahmezustandes adäquat zu reagieren, werde ich dennoch nicht schwingen. Denn sollen Linke doch dies oder das tun – mich interessiert, wie sich Anarchist*innen verhalten und organisieren (können)… Damit aber zum Beitrag von Peter Nowak:

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